In den letzten fünf Jahren hat das Weltwirtschaftsforum die Wasserknappheit als eines der größten globalen Risiken für Wirtschaft und Gesellschaft eingestuft. Dieses Risiko ist eng mit dem Erfolg (oder auch dem Scheitern) der Klimaanpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen in Bezug auf die Wasserressourcen verknüpft. Klimawandel bedeutet Wasserwandel: Bis 2050 wird nach Schätzungen der Wasserbedarf weltweit um 55 Prozent steigen; während die verfügbaren Wasserressourcen um 40 Prozent zurückgehen.
Die Art und Größe der globalen Herausforderungen im Umgang mit Wasser sind einmalig. Einerseits muss der Wassersektor die Auswirkungen des Klimawandels bewältigen. Andererseits trägt er durch Treibhausgasemissionen zum Klimawandel bei und bis zu 8 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs sind der Wasserversorgung zuzurechnen. Abwasser wiederum ist zu einem erheblichen Teil für die Emission von Stickoxiden und Methan verantwortlich, die die weltweite Klimaerwärmung deutlich stärker vorantreiben als Kohlendioxid.
Glücklicherweise gibt es zahlreiche vielversprechende Lösungen, um den Wassersektor klimafreundlicher zu gestalten und so einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Das Vorhaben Wasser- und Abwasserunternehmen auf dem Weg zur CO2-Neutralität (WaCCliM) sowie beteiligte Wasser- und Sanitärversorger aus vier Ländern (Jordanien, Mexiko, Peru und Thailand) zeigen, wie der Wassersektor seinen Treibhausgasausstoß erheblich verringern kann. So ist es durch die Verbesserung von Betriebsprozessen und die Steigerung der Energieeffizienz bereits kurzfristig möglich, den Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent zu senken. Langfristig sollen Wasser- und Abwassersysteme so modernisiert und umgebaut werden, dass die Versorger klimaneutral operieren.
Eine der größten Chancen für städtische Wasserversorger auf dem Weg zu Klimaneutralität und Klimaresilienz liegt im unbehandelten Abwasser. Weltweit werden 80 Prozent aller Abwässer ohne Aufbereitung in die Umwelt eingeleitet und verursachen drei Mal so viele Treibhausgasemissionen wie konventionell behandelte Abwässer. Deshalb müssen die Sanitärversorger den Bau von Kläranlagen massiv vorantreiben, um – im Zusammenspiel mit Energiesparmaßnahmen und einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien – CO2-neutral zu werden.
Im mexikanischen San Francisco del Rincon (Guanajuato) zeigt ein Abwasserunternehmen, das sich an einem Pilotprojekt des WaCCliM-Vorhabens beteiligt, wie die Gesellschaft klimafreundlicher werden und die Resilienz gegenüber den Klimawandelfolgen stärken kann. Anhand der WaCCliM-Roadmap konnte der Versorger durch die darin vorgesehenen Energiesparmaßnahmen den Energieverbrauch um 20 Prozent (360 MWh pro Jahr) senken. Gleichzeitig gelang es, die Betriebskosten zu verringern und die Produktivität zu verbessern. Allein 2016 hat das Unternehmen den Anteil des behandelten Abwassers um 60 Prozent gesteigert. Die unmittelbare Folge: eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent, was 2.200 Tonnen CO2 pro Jahr entspricht. Weiterhin wurde innerhalb eines Jahres durch die Behandlung von Abwasser genügend Energie erzeugt, um 24 Häuser zu versorgen. Diese kleine Pilotmaßnahme belegt, dass die Abwasserentsorgung künftig eine wichtige Rolle in der Kreislaufwirtschaft spielen kann.
Die mit WaCCliM kooperierenden Wasser- und Sanitärversorger in anderen Ländern haben ebenfalls wegweisende Lösungen entwickelt: So hat das Unternehmen SEDACUSCO im peruanischen Cusco im Rahmen eines Pilotprojekts die Klärschlammbehandlung optimiert, so dass daraus die Gewinnung von mehr Biogas für die Stromerzeugung möglich ist. Dadurch können pro Jahr mehr als 4.500 Tonnen CO2 eingespart werden. Die Pilotmaßnahme zeigt, dass der Bereich der Abwasserentsorgung großes Potenzial für die Rückgewinnung von Ressourcen und die Energieerzeugung bietet.
Wie das WaCCliM-Vorhaben belegt, können städtische Wasser- und Sanitärversorger durch die Verringerung ihrer Treibhausgasemissionen einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele leisten. Dieser Beitrag kann bis zu 20 Prozent der nationalen Treibhausgasminderungsbeiträge (Nationally Determined Contributions) ausmachen. Durch diese Fortschritte erhalten die mit WaCCliM kooperierenden Unternehmen nicht nur Zugang zu Mitteln der Klimafinanzierung, sondern setzen neue Rechtsvorschriften proaktiv um, so dass sie vorzeitig Compliance mit künftigen Treibhausgas- und Umweltschutzvorschriften erreichen.
Für eine klimaneutrale Zukunft müssen alle Sektoren innovative Lösungen zur Bewältigung der bestehenden Herausforderungen entwickeln. Der Wassersektor kann diese Chance nutzen, um effizienter zu werden, die Klimaresilienz zu stärken, seine Energiekosten zu senken und den Übergang in eine energie- und klimaneutrale Zukunft federführend mitzugestalten.
Quelle: IKI-Newsarchiv